Laufschwingung | Wesentliche Veränderungen durch Schalldämpfer und mögliche Treffpunktlagenabweichung
Kurz und knackig zur Erinnerung – was passiert genau beim Auslösen eines Schusses?
In der Patronenhülse wird das Treibladungspulver gezündet, wobei die entstehenden Gase das Geschoss im Lauf mit hohem Druck beschleunigen. Ein längerer Lauf erhöht in der Regel (je nach Pulverart) die Mündungsgeschwindigkeit, wodurch die Mündungsenergie und damit auch die effektive Reichweite der Waffe steigen.
Die chemische Energie des Pulvers wird dabei in kinetische Energie des Geschosses umgewandelt.
Sobald jedoch der maximale Gasdruck (Maximaldruck) erreicht ist, nimmt der Geschwindigkeits- und Energiezuwachs pro zusätzlichem Zentimeter Lauflänge ab. Der Grenznutzen zusätzlicher Lauflänge kann deshalb ein Trugschluss sein, weshalb diese in Bezug auf Abstimmung Pulvereigenschaft und Geschossgewicht sorgfältig abgewogen werden sollte (Vorteil Wiederlader).
Die Zeit, die das Geschoss benötigt, um den Lauf zu durchlaufen, wird als Durchlaufzeit bezeichnet. Typische Werte für die Durchlaufzeit liegen im Bereich von unter einer Millisekunde.
Im Gegensatz zu den glatten Läufen von Flinten besitzen Büchsen und Faustfeuerwaffen gezogene Läufe, die über Züge und Felder verfügen. Diese erzeugen eine Drallbewegung des Geschosses durch eine Drehung um die eigene Achse.
Der sogenannte Drall sorgt für die Drallstabilisierung, welche verhindert, dass sich das Geschoss im Flug überschlägt und die Flugbahn stabilisiert.
Der Laufdurchmesser wird in zwei Durchmesser unterteilt: Den größeren Zugdurchmesser und den kleineren Felddurchmesser, der dem Kaliber der Waffe entspricht. Die Steigung des „Gewindes“, also der Züge, wird als Dralllänge bezeichnet.
Diese gibt die Strecke an, die das Geschoss im Lauf zurücklegt, um eine vollständige Umdrehung um die eigene Achse zu vollziehen.
Eine kürzere Dralllänge bewirkt eine schnellere Rotation des Geschosses.
Zwischen den Zügen und Feldern des Laufprofils sowie dem Geschoss entstehen durch die hohen Beschleunigungen sogenannte Leistenkräfte, die umso größer werden, je kürzer die Dralllänge ist und je stärker die Geschossbeschleunigung ausfällt.
Bei hoher Beschleunigung können diese Kräfte im Lauf so stark werden, dass Bleigeschosse am Umfang abgeschert werden. Daher werden moderne Geschosse mit einem Mantel aus Messing oder Stahl um den Bleikern gefertigt, der diese extremen Kräfte auffangen kann.
Diese Leistenkräfte wirken auch auf den Lauf und versetzen ihn in Schwingungen. Diese Schwingungen pflanzen sich fort, bewegen die Mündung und beeinflussen die Abgangsrichtung des Geschosses, sodass sie von der idealen, geraden Laufseelenachse abweicht.
Dieses Phänomen, das als Mündungsschwänzeln bezeichnet wird, stellt eine bedeutende Quelle für Abgangsfehler dar und mindert die Präzision. Das Mündungsschwänzeln kann durch die Verwendung kurzer, dicker Läufe oder durch eine erhöhte Masse an der Mündung, wie etwa ein Mündungsgewicht oder einen Schalldämpfer, effektiv beeinflusst werden.
Ein Schalldämpfer ist ein Gerät, das an der Mündung einer Schusswaffe angebracht wird, um den Geräuschpegel, den Mündungsblitz und teilweise auch den Rückstoß beim Abfeuern zu reduzieren.
Doch abgesehen von der Geräuschminderung hat der Schalldämpfer auch eine tiefgreifende Auswirkung auf das physikalische Verhalten der Waffe, insbesondere auf die Laufschwingung und damit auch auf die Treffpunktlage der Waffe.
Die Masse und das Gewicht eines Schalldämpfers spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie das Schwingungsverhalten des Laufes verändern und somit die Präzision beeinflussen. Es gibt jedoch auch Unterschiede zwischen schweren und leichten Schalldämpfern, und insbesondere leichte Schalldämpfer bieten in dieser Hinsicht große Vorteile.
Abgangsballistik – das Geschoss verlässt die Laufmündung
Die Abgangsballistik bildet die Schnittstelle zwischen Innen- und Außenballistik und beschreibt die Prozesse, die beim Verlassen des Geschosses aus der Mündung stattfinden. Obwohl dieser Moment äußerst kurz ist, hat er einen entscheidenden Einfluss auf die Präzision einer Waffe und setzt Kräfte frei, die – wenn gezielt genutzt – innovative Ansätze im Waffenbau ermöglichen.
Der Geschossabgang
Das Geschoss wird nicht durch den Lauf gezogen, sondern durch den Druck der Pulvergase herausgestoßen. Ähnlich wie bei einem Fahrzeug mit Heckantrieb auf rutschigem Untergrund neigt das hintere Ende des Geschosses dazu, die Spitze zu überholen.
Daher ist die Geschossachse nicht immer vollständig deckungsgleich mit der Laufachse, die eigentlich die Flugbahn des Geschosses vorgibt. Besonders bei schräg in die Hülse eingesetzten Geschossen weichen diese Achsen von Anfang an voneinander ab. Dies führt dazu, dass das Geschoss nicht nur um seine eigene Achse rotiert, sondern eine komplexe Präzessionsbewegung (Kreiselbewegung) vollführt, die erst nach dem Austritt aus der Mündung allmählich abklingt.
Beim Verlassen der Mündung tritt ein ähnlicher Effekt wie beim Öffnen einer Sektflasche auf: Die unter hohem Druck stehenden Pulvergase entweichen abrupt und werden stark beschleunigt. Sie strömen so schnell aus der Mündung, dass sie das nun freifliegende Geschoss von hinten umströmen.
Diese Umströmung verstärkt die ohnehin unruhige Kreiselbewegung des Geschosses und kann es zusätzlich aus seiner idealen Flugbahn verdrängen.
- Je höher der Mündungsdruck ist, desto stärker wirkt sich diese Geschoßumströmung auf die Präzision aus. Ein hoher Mündungsdruck verstärkt den präzisionsmindernden Einfluss und kann das Geschoss nach dem Verlassen der Mündung destabilisieren, was die Treffgenauigkeit der Waffe erheblich beeinträchtigt.
- Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass die Pulvergase möglichst gleichmäßig und ohne Verwirbelungen entweichen. Dies wird durch eine exakt symmetrische Mündung erreicht, die beim Reinigen des Laufs keinesfalls beschädigt werden darf.
Dieses Video mit Hochgeschwindigkeitsaufnahmen zeigt sehr gut wie das Gas das Geschoss überholt
Insgesamt entscheidet sich also an der Laufmündung, wohin und wie präzise eine Waffe schießt. Die schwingende Mündung bestimmt den Treffpunkt, die mehr oder weniger kontrolliert abströmenden Gase beeinflussen wesentlich die Streuung.
Laufschwingung – Ein Überblick
Der Lauf einer Schusswaffe schwingt, wie wir eingangs erklärt haben, beim Abfeuern eines Schusses aufgrund der Kräfte, die während des Schusses entstehen. Die Treibladung des Projektils erzeugt eine explosive Druckwelle, die das Projektil durch den Lauf treibt.
Gleichzeitig üben der Rückstoß und die explosive Energie der Verbrennungskräfte einen starken Einfluss auf den Lauf aus. Diese Kräfte führen dazu, dass der Lauf in eine Art Schwingung gerät, die oft als Laufschwingung bezeichnet wird.
Ein Lauf kann wie ein dünner, flexibler Stab betrachtet werden, der durch die Einwirkung von Kräften beginnt, in einer bestimmten Frequenz zu schwingen.
Diese Schwingungen beeinflussen den Moment, in dem das Geschoss die Mündung verlässt, und damit den Punkt, an dem es das Ziel trifft. Der Lauf ist also nicht absolut starr, sondern bewegt sich geringfügig während des Schusses, und diese Bewegungen bestimmen maßgeblich die Präzision der Waffe.
Der Einfluss eines Schalldämpfers auf die Laufschwingung
Ein Schalldämpfer wird an der Mündung des Laufes befestigt und vergrößert das Gewicht und die Masse, die an der vorderen Seite des Laufes angebracht ist. Diese zusätzliche Masse verändert die physikalischen Eigenschaften des Laufes in mehrfacher Hinsicht:
- Veränderung der Eigenfrequenz: Jede Struktur, die in Schwingung gerät, besitzt eine sogenannte Eigenfrequenz, also die Frequenz, mit der sie von Natur aus schwingt. Die Eigenfrequenz des Laufes wird durch seine Länge, seinen Durchmesser, seine Steifigkeit und seine Masse bestimmt. Wird nun ein Schalldämpfer an der Mündung angebracht, erhöht sich die Masse an der vorderen Seite des Laufes, und dies verändert die Eigenfrequenz. Im Allgemeinen führt eine Erhöhung der Masse dazu, dass die Schwingungen langsamer und weniger intensiv werden. Das bedeutet, dass der Lauf nun eine andere Schwingungscharakteristik aufweist.
- Dämpfung der Schwingungen: Ein schwerer Schalldämpfer kann zusätzlich eine Art Dämpfungseffekt haben. Die zusätzliche Masse am Ende des Laufes wirkt wie eine Art „Anker“, der die Bewegungen des Laufes verlangsamt. Dies führt dazu, dass der Lauf weniger stark schwingt, was potenziell zu einer geringeren Streuung der Schüsse führen kann. Allerdings kann dieser Dämpfungseffekt auch negative Folgen haben, wie wir später sehen werden.
Veränderung der Treffpunktlage
Eine der häufigsten Auswirkungen eines Schalldämpfers auf die Treffpunktlage ist eine Verschiebung der Treffpunkte auf dem Ziel. Dies liegt daran, dass der Schalldämpfer die Schwingung des Laufes verändert, was wiederum den Moment beeinflusst, in dem die Kugel den Lauf verlässt.
Der Lauf befindet sich in einem kontinuierlichen Schwingungszyklus, und wenn die Kugel den Lauf in einem anderen Moment des Schwingungszyklus verlässt als ohne Schalldämpfer, wird sie in einem leicht anderen Winkel aus dem Lauf austreten. Diese geringfügige Veränderung im Austrittswinkel führt zu einer Verschiebung der Treffpunktlage, die abhängig von der Richtung und Stärke der Schwingung sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung erfolgen kann.
Darüber hinaus beeinflusst der Schalldämpfer auch die Rückstoßcharakteristik der Waffe. Der Rückstoß wird durch die Masse des Schalldämpfers und die verminderte Mündungsgasentladung teilweise gedämpft, was dazu führen kann, dass die Waffe weniger stark „springt“ und sich beim Schuss in einer anderen Position befindet. Dies trägt ebenfalls zur Verschiebung der Treffpunktlage bei.
Vorteile leichter Schalldämpfer
Während schwere Schalldämpfer aufgrund ihrer größeren Masse möglicherweise eine stärkere Dämpfung der Laufschwingung bewirken, bieten leichte Schalldämpfer in vielerlei Hinsicht deutliche Vorteile. Diese betreffen nicht nur die Handhabung und Ergonomie der Waffe, sondern auch die Schwingungscharakteristik und die Präzision:
- Weniger Belastung des Laufes: Ein leichter Schalldämpfer übt weniger Belastung auf den Lauf aus und beeinflusst dessen Eigenfrequenz weniger stark. Der Lauf behält eher seine ursprüngliche Schwingungscharakteristik bei, was bedeutet, dass der Schütze weniger mit einer Verschiebung der Treffpunktlage zu kämpfen hat. Schwere Schalldämpfer können dagegen die Schwingung des Laufes so stark verändern, dass die Treffpunktlage deutlich verschoben wird, was die Präzision beeinträchtigen kann.
- Erhöhte Flexibilität und Mobilität: Leichte Schalldämpfer haben den Vorteil, dass sie die Balance der Waffe nicht so stark verändern wie schwerere Modelle. Eine Waffe mit einem schweren Schalldämpfer kann sich schwerfällig anfühlen und das Handling erschweren. Besonders bei dynamischen Schießsituationen, wie bei der Jagd oder im taktischen Einsatz, ist eine gut ausbalancierte und leicht handhabbare Waffe von großem Vorteil. Ein leichter Schalldämpfer sorgt dafür, dass die Waffe weiterhin gut ausbalanciert bleibt und leicht zu führen ist.
- Schnelleres Anvisieren und Zielen: Durch das geringere Gewicht des Schalldämpfers kann der Schütze schneller zielen und die Waffe schneller in eine stabile Schussposition bringen. Dies ist besonders wichtig bei schnellen Schussfolgen oder bei Schießsituationen, bei denen es auf rasche Zielwechsel ankommt.
- Reduzierte Belastung des Laufes und der Befestigung: Ein schwerer Schalldämpfer übt mehr Belastung auf die Verbindung zwischen Lauf und Schalldämpfer aus, was langfristig zu einer erhöhten Abnutzung dieser Befestigung führen kann. Ein leichter Schalldämpfer verringert diese mechanische Belastung und trägt so zur Langlebigkeit von Waffe und Zubehör bei.
Fazit
Ein Schalldämpfer hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Laufschwingung und damit auf die Treffpunktlage der Waffe.
Die zusätzliche Masse des Schalldämpfers verändert die Eigenfrequenz des Laufes und beeinflusst den Moment, in dem das Projektil die Mündung verlässt. Diese veränderte Schwingung führt häufig zu einer Verschiebung der Treffpunktlage, da der Lauf im Moment des Schussabgangs in einer leicht anderen Position ist.
Leichte Schalldämpfer bieten in diesem Zusammenhang erhebliche Vorteile. Sie beeinflussen die Schwingungscharakteristik des Laufes weniger stark, wodurch die Treffpunktlage weniger verändert wird. Darüber hinaus verbessern sie das Handling und die Ergonomie der Waffe, was in vielen Schießsituationen von entscheidendem Vorteil ist. Die geringere Belastung des Laufes und der Befestigung trägt zudem zur Langlebigkeit der Waffe bei.
Insgesamt bieten leichte Schalldämpfer somit eine gute Kombination aus Geräuschreduktion und Präzision, ohne die Handhabung und Balance der Waffe zu stark zu beeinträchtigen. Sie sind daher in vielen Einsatzszenarien die bevorzugte Wahl, insbesondere wenn es auf eine hohe Beweglichkeit und Präzision ankommt.